Unerwartete Klänge

Dieses Experiment ziehlt darauf ab herauszufinden, wie Menschen reagieren, wenn sie mit
Klängen konfrontiert werden die sie an den jeweiligen Orten nicht erwarten. Dafür habe ich mir
verschiedene Orte ausgesucht und deren Klangbild analysiert, um mit einem kleinen
versteckten Lautsprecher einen weiteren Klang hinzuzufügen, der an diesem Ort nicht üblich
ist. Daraufhin habe ich die Personen beobachtet und deren Reaktionen notiert.

Für die Auswahl der Locations bin ich durch Fulda scouten gegangen. Dabei war es wichtig,
dass die Locations bereits unterschiedliche Klangkulissen bieten, und gleichzeitig einen
bestimmten Klang erwarten – oder eben diesen nicht. Außerdem sollen diese Orte mäßig
frequentiert werden, damit zu viele Personen die Klänge nicht übertonen und das
Analysieren einfacher ist, und nicht zu wenige damit genug Daten zusammen kommen.

Location 1: Kloster Frauenberg

Für diese Location habe ich mich entschieden, da dort die Menschen nur aus zwei Richtungen kommen können und relativ lange vorbeischlendern und die Aussicht genießen. Dadurch ist es umso wahrscheinlicher, dass sie die zusätzlichen Klänge wahrnehmen.

Gefundene Klänge: Wind, Vogelzwitschern, leichter Straßenlärm der gesamten Stadt

An sich ist es eher ein ruhiger, idyllischer Ort, an dem die Leute spazieren gehen um die Aussicht zu genießen. Daher habe ich mich für Supermarkt-Geräusche entschieden. Der Trubel und das ständige biepen der Scanner strahlt eine gewisse Hektik aus, die man an diesem Ort eher nicht sucht. Außerdem kann es an diesem Ort keinen Supermarkt geben, und der nächste ist weit weg.

Normale Sound-Kulisse:

Mit Supermarkt-Geräuschen:

Aufbau: In Rot markiert ist der Lautsprecher versteckt

Ergebnisse:

Von den sieben Personen, die innerhalb einer Stunde vorbeigelaufen sind, haben zwei es interessanterweise komplett ignoriert

Eine Person hat den Lautsprecher gefunden und ihn mir gebracht, um zu fragen, ob es meiner ist. Dabei hat er gelacht und gesagt: „Ich dachte ich bin im Einkaufszentrum hier“.

Die weiteren vier Personen haben höchstens irritiert geguckt und bei der Bank kurz gestoppt, um zu gucken wo der Klang her kommt.

 

Location 2: Spielplatz – Der Lautsprecher ist in dem Häuschen versteckt.

Diese Location habe ich spontan ausgesucht, da diese aufgrund des Wetters nicht besucht war.

Gefundene Klänge: Wind, Vogelzwitschern, Straßenlärm.

Dort erwartet man entweder spielende Kinder oder in dem Fall Stille. Erwachsene die sich unterhalten, und dabei klirrende Gläser und Besteck erwartet man dort aber nicht. Daher habe ich mich für eine Restaurant-Audio entschieden.

Um sicherzugehen, dass man den Sound auch von weiter weg hört, bin ich einmal im Kreis um den gesamten Spielplatz gelaufen. Je nach Distanz hört man es klar und deutlich, oder nur wenn man wirklich hin hört.

Normale Sound-Kulisse:

Mit Restaurant-Geräuschen:

Ergebnisse:

Von den 12 Personen, die innerhalb einer Stunde vorbeigelaufen sind, haben es 9 nicht bemerkt oder ignoriert. Diese Personen hatten meistens Kopfhörer auf, oder waren etwas weiter weg und haben vermutlich nicht genau hingehört. Die anderen drei haben leicht irritiert in die Richtung geschaut, sind aber unbeirrt weitergelaufen.

 

Location 3: Dom – der Lautsprecher ist hinter der Mauer versteckt

Diese Location wird viel besucht, auch von Touristen, welche die übliche Klangkulisse nicht kennen.

Gefundene Klänge: Wind, vorbeifahrende Autos, Menschen die sich unterhalten, Kirchenglocken

Hier war es wichtig einen respektvollen Klang zu nehmen, der trotzdem nicht zu diesem Ort passt. Daher habe ich mich für Spielplatzgeräusche entschieden. Vor allem da aufgrund des Wetters der Platz nicht besonders voll war und es nicht viel Stimmengewirr anderer Menschen gab. Die Position an der Treppe wurde gewählt, da dort viele Leute direkt vorbeilaufen und den Lautsprecher nicht sehen können.

Normale Sound-Kulisse:

Mit Spielplatz-Geräuschen:

Ergebnisse:

Die Person, die auf dem Foto hinten auf der Bank sitzt hat immer wieder in die Richtung der Geräusche geschaut und wirkte leicht paranoid.

Von den acht Personen, die direkt daneben die Treppe entlangelaufen sind, hat die Hälfte kurz angehalten und zwei davon haben etwas verwirrt über das Geländer geguckt. Die andere Hälfte hat es ignoriert und ist einfach weiter gelaufen.

Die ca. 15 Personen, die auf der anderen Seite des Geländers in der Mitte der Treppe gelaufen sind, haben es überhaupt nicht bemerkt oder ignoriert. Dies waren aber auch größere Gruppen, die sich unterhalten haben. Außerdem schirmt die Mauer natürlich die Audio ab, weshalb man es eher nah dran hört oder dahinter auf dem Domplatz.

Von den 5 Leuten, die in der Nähe der Bänke über den Domplatz gelaufen sind, haben 3 irritiert geguckt, die anderen haben es nicht bemerkt oder ignoriert.

 

Fazit:

„Das Moment der Irritation ist hier das wichtigste Element: den Alltag für einen Augenblick zu unterbrechen, innezuhalten und in eine andere Wahrnehmungshaltung zu kommen, ist Basis jeder akustischen Intervention“  – Georg Klein: Ortsklänge – Klangkünstlerische Strategien im öffentlichen Raum

Hier habe ich unterschätzt, wie schwierig das ist. Die meisten Personen, die alleine unterwegs waren haben Kopfhörer getragen, was die Disruption unmöglich macht.

Außerdem waren durch das schlechte Wetter schon zu wenig Personen unterwegs. Der Wind war laut und die nassen Straßen haben mehr Lärm als normalerweise verursacht. Dennoch gab es einige gute Reaktionen und viele irritierte Blicke.