Soundscape (noch in Bearbeitung)

Ziel des Projekts

Das Ziel unseres Projekts ist es mehrere Lauträume in Fulda auf vielen Ebenen zu betrachten und zu analysieren. Dabei stellen wir folgende Untersuchungskriterien auf:

  • Wir erläutern Kriterien, wie Lauträume beschrieben werden können und suchen darüber Orte in Fulda, wo diese Beschreibung zutreffend ist.
  • Wir möchten diese Orte zu zwei unterschiedlichen Uhrzeiten analysieren und einen Vergleich der Wirkung vornehmen.
  • Innerhalb dieser Plätze wollen wir die gehörten Klänge kategorisieren.
  • Wir stellen eine Gegenüberstellung zwischen von uns gehörten und von der Technik aufgezeichneten Klängen auf.

 

Grundlagenwissen

Was verstehen wir unter Soundscape?

Unter dem Begriff Soundscape kann im Allgemeinen die Ansammlung von allen wahrnehmbaren Klängen in einem definierten Raum verstanden werden. Beschrieben wird dabei die Wirkung dieser Klänge in einem betrachteten Raum. Im Deutschen kann Soundscape als Klanglandschaft, Klangumgebung, Geräuschkulisse und vieles mehr bezeichnet werden. Die dabei beschriebenen Klänge können sehr unterschiedlich sein und reichen von Klängen, die die Hörer*innen selbst erzeugen, über natürliche Geräusche, wie Bäume und Vögel, bis hin zu künstlichen Geräuschen, wie Verkehr oder Musik. Bei der Analyse des Soundscape ist entscheidend das Zusammenspiel der Klänge und der Umgebung zu untersuchen. So ist es wichtig Untersuchungen an unterschiedlichen Orten vorzunehmen, statt im Labor Klänge zu analysieren (vgl. Schafer 1977). Darüber hinaus ist erkennbar, dass derselbe Raum nicht immer gleich klingt. Die wahrgenommenen Klänge sind abhängig von sehr vielen Faktoren, wie dem Wetter (Schnee schluckt viele Töne), der Tageszeit (tagsüber und nachts sind unterschiedliche Tiere unterwegs) oder des kulturellen Hintergrunds (in Deutschland ist es alltäglich Kirchenglocken zu bestimmten Zeiten zu hören).

Wie können Klänge klassifiziert werden?

Klänge können auf sehr viele unterschiedliche Weisen beschrieben und klassifiziert werden. Beispielweise können Unterscheidungen dabei in der Lautstärke, dem Ursprung oder der Lebenszeit vorgenommen werden. Es können angenehme und unangenehme Klänge sein, diese können klar unterscheidbar sein oder sich zu einem lauten Rauschen vermischen (vgl. Book of Noise). Die Unterscheidung und Zuordnung von Klängen in ein bestimmtes Raster ist dabei sehr individuell und von vielen Faktoren abhängig (vgl. Definition von Soundscape)

Wir wollen daher uns auf einen Bereich der Klassifizierung beschränken, die Bernie Krause, ein US-amerikanischer Musiker und Klangforscher beschrieben hat. Er gliedert Klänge in drei grundlegende Quellen:

  1. Geophonie (aus dem englischen Original: geophony)
    1. Definition: nicht biologische Geräusche
    2. Beispiel: Wind in den Bäumen, Wasser im Fluss
  2. Biophonie (aus dem englischen Original: biophony):
    1. Definition: Geräusche von Organismen zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort
    2. Beispiel: Geräusche von Vögeln
  3. Anthrophonie (aus dem englisch Original: anthrophony):
    1. Definition: alle Geräusche, die der Mensch erzeugt
    2. Beispiel: kontrolliert: Musik, oft aber chaotisch: Zusammenfassung als Lärm

Wie kann die Wirkung der Klänge beschrieben werden?

Ähnlich wie die Wahrnehmung und Beschreibung von Klängen ist auch deren Wirkung auf die Hörer*innen sehr unterschiedlich und kann ganz vielfältig beschrieben werden.

Wir wollen uns auf folgendes Modell beziehen (vgl. van den Bosch et al. 2014):

Abbildung 1: Vier Wirkungen von Soundscape
Hier wird die Wirkung der wahrgenommenen Klänge auf vier unterschiedliche Bereiche aufgeteilt (vgl. van den Bosch et al. 2014):

Chaotisch (aus dem englischen Original: chaotic)
eine komplexe Umgebung, die viele Klänge in sich vereint

Lebendig (aus dem englischen Original: lively)
viele identifizierbare und interessante Klänge

Ruhig (aus dem englischen Original: calm)
beruhigende und entspannende Klänge

Langweilig (aus dem englischen Original: boring)
wenige nutzvolle und uninteressante Klänge

Feldforschung

Vorgehen

Wie aus der Literatur von Schafer hervorgeht, sind Klänge in verschiedenen Räumen individuell wahrnehmbar und werden durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst (vgl. Schafer 1977). Jeder Raum, sei dieser im geschlossenen, halboffenen oder im Freien, bietet andere Klänge durch interne und äußere Einflüsse. Deswegen wurde sich auf die drei Bereiche „chaotisch, lebendig und ruhig“ gestützt. Da wir uns im Raum Fulda bewegen und uns spezifisch auf das städtische Leben fokussieren wollten, haben wir für unsere empirische Feldforschung folgende Räume ausgewählt: den Bahnhof, als chaotisches Domizil, den Borgiasplatz als lebhafter Ort, und den Schlossgarten als ruhige, entspannte Lage. Die drei Räume sind dadurch zustande gekommen, da jeder bereits mind. einmal an diesen Orten gewesen ist und jeder diese mit bestimmten Klängen mental assoziieren konnte. Demensprechend konnten wir durch ein Brainstorming unsere Erwartungen den Räumen zuweisen. Beziehungsweise wusste jeder, dass der Bahnhof meist als schnelllebiger Ort bekannt ist, an dem Personen von A nach B kommen möchten und meist in Hektik und Eile sind, anstatt sich lange an diesem aufzuhalten. Dadurch kann schnell Chaos entstehen. Um zu analysieren, ob dieses Gefühl der Hektik immer gleichbleibend ist und Klänge dadurch variieren können, haben wir uns auf zwei Zeitabschnitte eines Tages beschränkt. Die Aufnahmen fanden so einmal morgens und einmal abends an den gleichen Orten statt. Zur Audio-Aufnahme haben wir einen „Tascam“ verwendet. Den tragbaren Handrekorder haben wir inmitten auf dem Boden des Raumes platziert. Durch seine ausklappbaren Mikrofone links und rechts konnten wir damit weiter entfernte Umgebungsgeräusche, sowie laute Tonquellen gut aufnehmen. Die Einstellung des Pegels haben wir auf den Raum abgestimmt. Unsere Aufnahmen im Bahnhof haben wir in der Bahnhofsvorhalle erstellt, sprich ein halboffener überdachter Raum mit umliegenden Geschäften. Auf dem Borgiasplatz, in einer freien Lage, dennoch mit umliegenden Geschäften, haben wir den Rekorder neben einer Statue, ziemlich zentriert des Platzes, positioniert und bei dem ruhigen Raum fanden wir einen Platz auf einer Brücke, inmitten der Natur, umgeben von Bäumen und einem Bachlauf. Zudem haben wir uns währenddessen Notizen zu unseren eigenen Wahrnehmungen gemacht, um diese hinterher mit den Aufnahmen gegenüberzustellen und zu analysieren, wie genau die Technik die Umgebungseindrücke aufnehmen konnte.

Dateien zur Beweisgrundlage

Um das gehörte der Technik mit unseren eigenen Vorstellungen abgleichen zu können, aber auch um Klänge separiert zu filtern, sind die Audioaufnahmen als Beweisgrundlage zu sehen. Die Aufnahmen können hier abgerufen werden.

Unsere Wahrnehmung

Durch unsere Erfahrungen haben wir bereits mit einigen Klängen gerechnet, die sich auch in der Analyse herauskristallisiert haben, jedoch auch unvorhersehbare Klänge, die nicht typisch sind, sind uns aufgetaucht.

Bahnhof:
Viele Personen, die zügig und durcheinanderlaufen, Kofferrollen, Unterhaltungen und Gelächter, Telefongespräche, Ankommen und Abfahrten der Züge. Umgebungsgeräusche werden hierdurch zum großen Teil überdeckt, in der Wahrnehmung entsteht Chaos und ein positives Sicherheitsgefühl wird nicht vermittelt.

Borgiasplatz:
Personen durchqueren den Platz, Unterhaltungen, Geschirrerklimmen, Beeinflussung durch die entstandenen Geräusche innerhalb der Geschäfte, insgesamt geht es ruhiger zu aber durchaus belebt

 

 

Schlossgarten:
Vogelgezwitscher, Bachlauf, Wind, Blattrascheln. Durch die natürlichen Klänge wird ein Gefühl von Sicherheit und Harmonie vermittelt. (vgl. van den Bosch et al. 2014)

Analyse

Unterschiede und Zugänge der Wahrnehmung

Unsere Feststellung nach der Aufnahme war, dass jeder von uns Projektteilnehmern sowie auch außenstehende Personen, die Aufnahmen anders wahrgenommen haben. Teilweise wurden Klänge gehört, die sehr viel Fokussierung benötigen aber dennoch für Außenstehende nicht zu identifizieren waren. Dadurch, dass wir direkt vor Ort die Eindrücke sammeln konnten, konnten wir die in den Aufnahmen gehörten Klänge eher zuordnen als ein Ausstehender. Insofern waren wir bei dem Anhören der Aufnahmen bereits voreingenommen und nicht so objektiv. Dennoch haben wir uns neben der Aufnahme auch Notizen gemacht, mit den jeweiligen Tönen, die wir selbst gehört haben. Anschließend haben wir uns die Tonaufnahmen einmal mit den Notizen und einmal unabhängig von diesen angehört.

 

Analyse der Klänge

Eine Auflistung der Klänge und Eigenschaften kann hier gefunden werden.

Ergebnis unserer Feldforschung

 

Soundscape „Bahnhof morgens“

Die Erwartungen an den Bahnhof an einem Samstagmorgen als chaotischen Ort haben sich größtenteils bewahrheitet. An diesem Zeitpunkt nutzen viele Menschen den Nahverkehr oder erledigen Besorgungen in der Nähe. Die Szenerie ist geprägt von Menschen, die hastig durch die Unterführungen eilen, Koffer hinter sich herziehen und laut miteinander sprechen. Der Geräuschpegel ist hoch, und die Vielzahl an Geräuschen sorgt für eine regelrechte Reizüberflutung. Zusätzlich fallen spontane Interaktionen mit uns auf, wie Passanten, die stehen bleiben, um nachzufragen, was wir gerade machen.

Soundscape „Bahnhof abends“

Auch am Abend bleibt der Bahnhof ein Ort des Chaos und der Aktivität. Besonders auffällig sind die Züge, die ein- und ausfahren. Die Geräuschkulisse ist geprägt von rollenden Koffern, Menschenmengen, die sich zu den Gleisen bewegen, und denjenigen, die einfach am Bahnhof abhängen. Vor allem an warmen Abenden ist die Anzahl der Menschen, die sich dort aufhalten, deutlich spürbar. Das Knistern von Papiertüten trägt zur Atmosphäre bei und ist sowohl am Morgen als auch am Abend zu hören. 

Soundscape „Borgiasplatz morgens“

Die Erwartungen an den Borgiasplatz waren, dass viele Menschen entlanglaufen und somit den Ort beleben würden. Besonders bemerkenswert war der Straßenmusiker, der die Menschen mit seiner Performance in seinen Raum inkludiert hat und die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Einige Passanten sind stehengeblieben und haben sich die Zeit genommen ihm zuzuhören. Die Interaktionen der Passanten mit dem Musiker, sei es durch Applaus oder das Werfen von Geld in seinen Geigenkoffer, trugen zur lebendigen Atmosphäre bei. Die üblicherweise lauten Gespräche wurden durch die Musik etwas gedämpft, und selbst Kommunikation fand oft in gedämpften Tönen statt, wie deutlich wurde, als eine Dame nach ihrer Mutter rief. Am Borgiasplatz haben wir mit keinem Verkehr gerechnet, was sich auch als wahr erwiesen hat, abgesehen von den deutlich hörbaren Sirenen der Feuerwehr. Zusätzlich war es möglich, die Geräusche aus dem Inneren des Modegeschäfts wahrzunehmen, wie das Piepsen beim Scannen von Produkten oder das Geräusch fallender Kleiderbügel.

Soundscape „Borgiasplatz abends“

Am Abend war die Anzahl der Passanten im Vergleich zum Morgen geringer, aber dennoch waren einige Gruppen von Menschen unterwegs, die man gut hörte, da der Raum leicht hallte. Dies führte dazu, dass die Schritte der Menschen, insbesondere jene in Absatzschuhen, deutlich lauter waren. Es scheint, dass die Atmosphäre am Abend eher von Gesprächen und dem Geräusch der vorbeigehenden Passanten geprägt war.

Soundscape „Schlossgarten morgens“

Am Morgen im Schlossgarten erwarteten wir harmonische Geräusche, die positive Gefühle hervorrufen würden. Es waren nur wenige Menschen vor Ort, weshalb Schritte und das Rascheln von Jacken deutlicher zu vernehmen waren und den Ort neben dem dominierten Vogelgezwitscher auch eher als ruhigeren Ort kennzeichnen. Jedoch fiel uns bei der Aufnahme auf, dass Gespräche aus der Ferne und sogar das Geräusch eines Motorrads zu hören waren.

Soundscape „Schlossgarten abends“

Am Abend im Schlossgarten machten wir die interessante Feststellung, dass es so ruhig war, dass wir neben dem Gezwitscher der Vögel auch unsere eigenen Körpergeräusche viel deutlicher wahrnahmen, wie zum Beispiel das Schlucken und den eigenen Atem. Diese Erkenntnis lässt darauf schließen, dass wir einen eher ruhigen Ort gewählt hatten.

 

Literaturverzeichnis

Krause B (2008), Anatomy of the Soundscape: Evolving Perspectives, JAES
Schafer, R. M. (1977). The soundscape: our sonic environment and the turning oft he world. New York, USA
Van den Bosch, K. A., & Andringa, T. C. (2014). The effect of sound sources on soundscape appraisal. Paper presented at the ICBEN 2014 Conference in Nara, Japan: University of Groningen

 

Anlage

Unsere Aufnahmen können unter folgendem Link heruntergeladen werden: